AG Technisches Kulturgut

Die Arbeitsgruppe Technisches Kulturgut ist ein Zusammenschluss von Forscherinnen und Forschern unterschiedlicher Disziplinen wie der Technikgeschichte, der Kunst- und Kulturwissenschaft oder der Ethnologie. Im Fokus der AG steht der gemeinsame Austausch zu Themen der Provenienzforschung zu Technischem Kulturgut. Die Rekonstruktion von Händler- und Sammlerkreisen, globale Translokationen und Verstrickungen sowie die Aufarbeitung von Kulturerbe, der Kunstmarktforschung oder der Museums- und Institutionsgeschichte bis zur Gegenwart sind hierbei zentral.

Aktuelle Fragen der Provenienzforschung und Genese der AG

Alltags- und Gebrauchsgegenstände sowie technische Instrumente, Geräte und Fahrzeuge rücken seit einiger Zeit verstärkt in den Fokus der Provenienzforschung. Als Orientierungshilfen für diesen Bereich liegen bisher nur wenige Studien zu einzelnen Objekten, Sammlern und Händlern oder zu vollzogenen Restitutionen vor. Die Rekonstruktion der Provenienzen von Technischem Kulturgut gestaltet sich häufig zunächst schwieriger als bei klassischen Kunstgegenständen: Oftmals handelt es sich um seriell gefertigte Objekte verschiedenster Gattungen, die in Benennung und Beschreibung nicht nur stark vereinfacht in Inventaren aufgezeichnet wurden, sondern häufig wenige individuelle Merkmale wie händische Signaturen, Sammlerstempel oder Eigentumsmarken aufweisen. Daher stellen sich zahlreiche Fragen hinsichtlich alternativer Identifizierungsmethoden bestimmter Objektgruppen, der Herkunftsüberprüfung, der Hintergründe ihres Erwerbs sowie zu spezifischen Sammler- und Händlernetzwerken, die bis heute in Museen und (Privat-)Sammlungen ihre Spuren hinterlassen haben.

Noch ist die Zahl derer, die sich mit der Herkunft von technischen Kulturgütern wissenschaftlich befassen, eher überschaubar. Der fachliche Austausch unter den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in diesem noch recht jungen Bereich der Provenienzforschung tätig sind, hat mittlerweile jedoch eine feste Grundlage gefunden. Auf Initiative der Provenienzforschenden des Deutschen Optischen Museums in Jena und des Deutschen Technikmuseums in Berlin gründeten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Sammlungsbetreuerinnen und -betreuer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im April 2022 die „Arbeitsgruppe Technisches Kulturgut“. Diese ist Teil des „Arbeitskreises Provenienzforschung e.V.“.

Definition Technisches Kulturgut

Der Begriff „Technisches Kulturgut“ bezeichnet Objekte, die mit einem technikhistorischen Interesse gesammelt wurden oder im Laufe der Zeit eine derartige Bedeutung erhielten. Dies umfasst beispielweise Automobile, Mess- und Beobachtungsinstrumente, Werkzeuge, Modelle, Waffen, Spielzeuge, Brillen und Sehhilfen, elektrische Geräte sowie Illustrationen, Grafiken, Fotografien, Beschreibungen, Bücher und andere Druckerzeugnisse, die in einem entsprechenden technikhistorischen Sammlungskontext stehen (z. B. Darstellungen technischer Abläufe und Aufbauten, Bedienungsanleitungen, Produktkataloge, Handbücher, sonstige Firmenschriften usw.).

Zielsetzungen der AG

Um neue Erkenntnisse zu den genannten Fragestellungen zu generieren und den fachspezifischen Austausch in diesem Bereich der Provenienzforschung zu fördern, hat sich die „AG Technisches Kulturgut“ folgende Ziele gesetzt:

  • Austausch über Händler- und Sammlernetzwerke, Quellenbestände (u.a. Auftragsbücher verschiedener Hersteller, Auktionskataloge usw.)
  • Weiterentwicklung von Identifizierungsmethoden;
  • Austausch und Diskussion über spezifische Fragen der Provenienzforschung zu technischen Kulturgütern;
  • Erstellung eines Leitfadens zur Provenienzforschung zu technischen Kulturgütern, der die wichtigsten Erkenntnisse festhält.

Formate der AG

Digitaler Austausch

In regelmäßigen Abständen findet ca. alle sechs Wochen eine AG-Sitzung (online) statt. Die Gestaltung und Ausführung steht allen Mitgliedern offen, wobei eigene Themenschwerpunkte, Forschungsfragen oder Erkenntnisse zur Diskussion gestellt werden können. Der geschützte Rahmen bietet die Möglichkeit, offen miteinander ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen, Wünsche und Probleme zu äußern oder Hinweise zu relevanten Quellenbeständen auszutauschen

Vernetzungstreffen

Ergänzend dazu findet jährlich ein Netzwerktreffen (hybrid) statt. Neben einem thematischen Rahmenprogramm liegt der Fokus auch hier auf dem Austausch untereinander. Das Netzwerktreffen wird vom jeweiligen Organisationsteam koordiniert, wobei sich alle Mitglieder inhaltlich beteiligen können.

Das erste Vernetzungstreffen fand im Oktober 2022 im Deutschen Technikmuseum in Berlin statt. Dieses Vernetzungstreffen wurde als ausgesprochen bereichernd empfunden, da über zwei Tage ohne Zeitdruck alle Themen und Anliegen in Bezug auf die Herkunftsklärung Technischer Kulturgüter diskutiert werden konnten. Im Oktober 2023 fand ein weiteres Vernetzungstreffen am Deutschen Museum in München statt. Dabei zeigten sich einmal mehr die großen Herausforderungen, die sich die koloniale wie auch die NS-Provenienzforschung in Sammlungen auf Grund der großen Bandbreite des Technischen Kulturguts stellen muss. Das dritte Vernetzungstreffen fand im Mai 2024 am Technischen Museum Wien statt. Ein besonderer Höhepunkt waren hierbei die Einblicke in die Ausstellung „Inventarnummer 1938“ und die Forschungen zu Automobilen und Eisenbahnen.

Fachtagungen, Workshops & Veranstaltungen

Weitere Formate, wie Workshops und Veranstaltungen mit externen Fachkolleg:innen, können von allen Mitgliedern jederzeit durchgeführt werden.

Unter dem Titel Historische Technische Instrumente. Zirkulation, Ansammlungen und Dokumente des Entzugs zwischen 1933 und 1945 versammelte sich zum ersten Mal am 23.09.2021 ein Kreis aus Provenienzforschenden während einer vom Deutschen Optischen Museum veranstalteten Online-Tagung zur Herkunftsforschung Technischen Kulturguts. Die Beiträge der Tagung wurden anschließend in einem Tagungsband publiziert und führten zur Gründung der Bandreihe „Technisches Kulturgut“. Da vom Deutschen Optischen wichtige Impulse ausgingen, wurden in den Folgejahren hier weitere Fachtagungen organisiert. So zeigte die zweitägige internationale Fachtagung mit dem Titel Provenienzforschung Technisches Kulturgut. Händler, Museen und Sammlungen im März 2023, dass sich technische Spezialsammlungen in der Provenienzforschung etablieren und die Forschungen hierzu diverse Entzugskontext betreffen können. Eine hierzu anknüpfende Fachtagung findet am 10. und 11.10.2024 zum Thema „Faire und gerechte Lösungen“? statt.

Organisationsstruktur

Inzwischen zählt die AG 17 Mitglieder verschiedener kultureller Einrichtungen. Abwechselnd wird die Leitung der nächste Onlinesitzung übernommen und vorbereitet. Zum gemeinsamen Austausch von Daten, Dokumenten und Materialien steht der AG eine Cloud zur Verfügung.

Wer kann teilnehmen?

Alle Forscherinnen und Forscher sowie Einrichtungen, die sich mit der Herkunft und Erforschung von Technischem Kulturgut befassen, sind herzlich eingeladen, in der „AG Technisches Kulturgut“ mitzuwirken. Eine Mitgliedschaft im Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. ist dabei nicht verpflichtend, wird aber mit Hinblick auf die vielfältigen Vorteile empfohlen.

Bandreihe und Veröffentlichungen

Zur Weiterentwicklung des neuen Forschungsbereiches innerhalb der Provenienzforschung wurde die Bandreihe Technisches Kulturgut gegründet. Darin werden unter anderem Forschungsergebnisse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der AG Technisches Kulturgut veröffentlicht.

  • Ron Hellfritzsch, Sören Groß, Timo Mappes (Hg.): Technisches Kulturgut. Bd. 1: Zirkulation, Ansammlungen und Dokumente des Entzugs zwischen 1933 und 1945, Dresden 2022 (128 Seiten). ISBN 978-3-00-072131-1
  • Ron Hellfritzsch, Sören Groß, Timo Mappes (Hg.): Technisches Kulturgut. Bd. 2: Provenienzforschung zu Handel und Entzug, Dresden 2024 (324 Seiten).

ISBN 978-3-95498-797-9

Interessenten können Exemplare beider Sammelbände per Anfrage (info@deutsches-optisches-museum.de) erwerben.

Kontakt

ag-technik@arbeitskreis-provenienzforschung.org

Sprecherinnen: Sören Groß ■ Ron Hellfritzsch ■ Peter Prölß ■ Katja Boegner